Reading is:

In today’s post, Christian Ohrens not only addresses the eternal debate between printed pages and displays, but also looks at the important factor of the changed perception that arises from the consumption of audiobooks and compares all three variants.
Thank you very much, Christian, for your precise examination of this difficult topic!

Is listening really reading? Or: Your own movie in your head

What does it mean to read? Is listening to audiobooks reading? Is reading also when someone reads to us? Or do we have to actively read ourselves in order to really read?

Wikipedia defines reading as the visual or tactile conversion of written characters into spoken language. We read letters, syllables, words, and interpret the content from what we read.
However, in a narrower sense, this definition also presupposes the activity of reading, i.e., that we decipher the letters ourselves in order to make sense of them.
So what does it mean to listen to audiobooks instead of reading them yourself (e.g., with your fingers in Braille)? Isn’t listening to an audiobook more comparable to watching a radio play or a movie?
After all, it is no longer us who interpret the text, but the narrator. They give the characters a voice. They decide how sad, happy, or afraid they sound. If they are good, they create an image in the listener’s mind through their reading; if they are not, if they read monotonously, with little expression, this becomes all the more difficult.
Audiobooks are enjoyable, especially when you’re on the go, but in the long run – at least for me – they’re no substitute for reading yourself. I want to decide for myself how to interpret what I read, how the voices and places described might sound, and what the characters in the novel are feeling. I need my own movie in my head, not the one the narrator, as the director of the audiobook, dictates to me. If that were the case, I might as well give up reading and go to the cinema to watch an exciting film. When I read, I decide the pace of the narrative. I can read any passage as often as I like and, most importantly, I alone decide the length of the film playing in my head – not the director of the audiobook, who shortens the reading for economic reasons.
But from an economic point of view, there are plenty of reasons to give up reading Braille and switch to audiobooks. The range of books available in Braille is limited, they are very expensive, and you don’t even get a “real” book for your money. Printouts from a Braille printer, simply filed away in ring binders, are a far cry from a book!
And what about eBooks? Strangely enough, no one has yet developed an eBook reader for the blind. There are plenty of read-aloud programs and apps available. But what about active Braille readers? They are left behind or have to resort to very expensive mobile Braille displays, whose range of functions far exceeds that of an eBook reader.
That’s why I can understand the audiobook boom, especially among the blind, but I don’t share it in any way. I’d rather have a mobile Braille display and the book I’ve chosen than the one prescribed by an audiobook publisher or a Braille printing company.

Lesen ist:

In unserem heutigen Beitrag befast sich Christian Ohrens nicht nur gewissermaßen mit dem ewigen Streitthema gedruckter Seiten oder Braillezeile, sondern beschäftigt sich auch mit dem wichtigen Faktor der veränderten Wahrnehmung, die durch den Konsum von Hörbüchern entstehen und stellt alle Drei Varianten einander gegenüber.
Vielen dank Christian, für deine punktgenaue Auseinandersetzung mit diesem schwierigen Thema!

Ist Hören wirklich Lesen? Oder: Vom eigenen Film im Kopf

Was bedeutet es zu lesen? Ist lesen, wenn wir Hörbücher hören? Ist lesen außerdem, wenn uns jemand vor-liest? Oder müssen wir selber aktiv lesen, um wirklich zu lesen?
Auf Wikipedia wird das Lesen als visuelles oder auch taktiles Umsetzen von Schriftzeichen in Lautsprache definiert. Wir lesen Buchstaben, Silben, Wörter und interpretieren aus dem Gelesenen den Inhalt.
Diese Definition setzt jedoch im engeren Sinn auch die Aktivität des Lesens voraus, d. h. dass wir die Buchstaben selber quasi entschlüsseln, um daraus einen Sinn zu erkennen.
Was bedeutet es also, Hörbücher zu hören, anstatt selber (z. B. mit den Fingern Blindenschrift) zu lesen? Ist Hörbuch hören nicht eher vergleichbar mit der Rezeption eines Hörspiels oder eines Films? Denn nicht mehr wir interpretieren Text, sondern der Sprecher. Er verleiht den Figuren eine Stimme. Er entscheidet, wie traurig, erfreut oder ängstlich sie sich anhören. Ist er gut, erschafft er durch sein Vorlesen ein Bild im Kopf des Hörers; ist er es nicht, liest er monoton, mit wenig Ausdruckskraft, wird dies umso schwieriger.
Hörbücher sind zwar angenehm, vor allem für unterwegs, aber auf Dauer – zumindest für mich – keine Alternative zum selber lesen. Ich möchte selber für mich im Kopf entscheiden, wie das Gelesene zu interpretieren ist, wie sich Stimmen und beschriebene Orte anhören könnten und was die Romanfiguren fühlen. Ich brauche den eigenen Film im Kopf und nicht den, den der Sprecher quasi als Regisseur des Hörbuchs mir vorgibt. Denn dann kann ich auch aufs Lesen verzichten und mich im Kino einem spannenden Film widmen. Denn ich entscheide beim Lesen über die Erzählgeschwindigkeit. Ich kann beliebige Stellen beliebig oft lesen und, das ist eigentlich der wichtigste Punkt, nur ich entscheide über die Länge des eigenen Films im Kopf – nicht der Regisseur des Hörbuchs, der aus ökonomischen Gründen die Lesung kürzt.
Doch gerade aus wirtschaftlicher Sicht spräche genügend dafür, auf das Lesen von Blindenschrift zu verzichten und zum Hörbuch zu greifen. Das Angebot an Blindenschriftbüchern ist gering, sie sind sehr teuer und man erhält nicht einmal mehr ein „richtiges“ Buch für sein Geld. Denn Ausdrucke aus einem Blindenschriftdrucker, einfach in Ringordnern abgeheftet, sind noch lange kein Buch!
Und was ist mit eBooks? Komischerweise hat noch niemand einen eBook-Reader für Blinde entwickelt. Vorlese-Programme und -Apps werden einem zu Genüge hinterher geworfen. Doch was ist mit den aktiven Braille-Lesern? Sie bleiben auf der Strecke oder müssen auf sehr teure, mobile Braillezeilen zurückgreifen, deren Funktionsumfang denen eines eBook-Readers bei weitem übersteigt.
Daher kann ich den Hörbuch-Boom, vor allem unter den Blinden, durchaus nachvollziehen, teile ihn jedoch in keinster Weise. Dann doch lieber mobile Braillezeile und das Buch, das ich ausgewählt habe und nicht das, welches ein Hörbuchverlag oder eine Blindenschriftdruckerei vorgibt.

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